Der Fall des OLG Hamm (Beschl. vom 28.05.2024 – 10 U 14/24) betraf die Frage, ob ein wirksamer Erbvertrag mit einem behandelnden Arzt geschlossen werden kann. In dem Fall ging es um einen Arzt, der in einem sogenannten „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ mit einem langjährigen Patienten als Gegenleistung für fortgesetzte ärztliche und unterstützende Leistungen ein Grundstück vermächtnisweise zugesprochen bekam. Nach dem Tod des Patienten verlangte der Insolvenzverwalter des Arztes die Übereignung dieses Grundstücks von der Alleinerbin des Erblassers.
Lag ein wirksamer Erbvertrag vor?
Sowohl das Landgericht Bielefeld als auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wiesen die Klage ab. Das OLG begründete die Unwirksamkeit des Vermächtnisses mit einem Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä), der zugleich als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB gilt.
Nach § 32 BO-Ä dürfen Ärztinnen und Ärzte von Patientinnen oder Patienten keine Geschenke oder sonstigen Vorteile annehmen, wenn hierdurch der Eindruck entsteht, dass ihre ärztliche Unabhängigkeit beeinflusst werden könnte. Das Gericht stellte fest, dass der Arzt durch den Erbvertrag einen erheblichen Vermögensvorteil – ein Grundstück im Wert von mindestens 100.000 Euro – als „Gegenleistung“ für medizinische und persönliche Betreuung versprochen bekam. Dies genüge, um aus Sicht eines objektiven Dritten den Eindruck zu erwecken, dass die ärztlichen Entscheidungen nicht mehr frei und unbeeinflusst getroffen werden könnten.
Keine Zuwendung an den Arzt, da kein wirksamer Erbvertrag in diesem Punkt.
Besonders schwer wog, dass die Zuwendung vertraglich fest vereinbart und damit rechtlich bindend war. Der Arzt hätte das Grundstück sicher erhalten, sobald der Patient starb, während er gleichzeitig weiterhin ärztlich für ihn tätig war. Damit bestand eine synallagmatische Verknüpfung zwischen medizinischer Behandlung und wirtschaftlicher Zuwendung – genau das, was § 32 BO-Ä verhindern soll.
Das OLG lehnte auch eine Berufung auf die verfassungsrechtlich geschützte Testierfreiheit (Art. 14 GG) ab. Diese werde nicht verletzt, weil der Erblasser frei gewesen wäre, dem Arzt einseitig testamentarisch etwas zuzuwenden. Die vertraglich bindende Verknüpfung von Behandlung und Vermögensvorteil sei aber unzulässig.
Folglich erklärte das OLG Hamm das Vermächtnis wegen Verstoßes gegen ein berufsrechtliches Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB für nichtig. Der Arzt bzw. in diesem Fall sein Insolvenzverwalter konnte daher keinen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks geltend machen.

