Im Streit um die Echtheit eines handschriftlichen Testaments hatte das Oberlandesgericht Brandenburg zu entscheiden, ob ein weiteres Schriftgutachten einzuholen sei (Urteil vom vom 5. Mai 2025, 3 W 80/24). Das Gericht verneinte dies und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, das auf Grundlage eines bereits vorliegenden Gutachtens die Echtheit des Testaments bejaht hatte.
Benötigt das Gericht ein weiteres Gutachten zur Entscheidungsfindung?
Das Gericht stellte zunächst klar, dass im Erbscheinsverfahren gemäß § 26 FamFG die Echtheit eines Testaments von Amts wegen zu prüfen ist. Für die richterliche Überzeugung genügt jedoch kein naturwissenschaftlich absoluter Beweis. Nach ständiger Rechtsprechung reicht ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus – also eine Überzeugung, die „vernünftige Zweifel ausschließt“, auch wenn theoretisch die Möglichkeit eines Irrtums verbleibt.
Das vom Nachlassgericht eingeholte Schriftgutachten war nach Auffassung des OLG ausreichend. Der Sachverständige hatte auf Grundlage einer systematischen Schriftvergleichung festgestellt, dass sowohl der Text als auch die Unterschrift mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Erblasser stammen. Zwar waren nicht alle Vergleichsschriften in Originalform verfügbar, doch zeigte der Vergleich zahlreiche Übereinstimmungen in den wesentlichen Schriftmerkmalen. Zudem fanden sich keine Anhaltspunkte für eine Fälschung.
Warum holte das Gericht kein weiteres Gutachten ein?
Das OLG sah deshalb keinen Anlass, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ein solcher Schritt sei nur erforderlich, wenn das vorhandene Gutachten unzureichend oder in sich widersprüchlich sei oder wenn Zweifel an der Fachkunde des Gutachters bestünden (§ 412 ZPO, § 30 FamFG). Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Auch die bloße Behauptung einiger der am Verfahren Beteiligten, die Lebensgefährtin habe das Testament gefälscht, stelle lediglich eine unbelegte Vermutung dar und begründe keinen neuen Ermittlungsbedarf.
Das Gericht betonte, dass der vom Sachverständigen angenommene hohe Wahrscheinlichkeitsgrad für die richterliche Überzeugung ausreiche. Das Beweismaß richte sich für den Sachverständigen nach wissenschaftlichen Maßstäben, für den Richter jedoch nach einer lebensnahen Überzeugung ohne vernünftige Zweifel. Die bloße Meinung von Verfahrensbeteiligten, das Testament sei gefälscht, entkräftet das Gutachten nicht und führt deswegen nicht dazu, dass ein weiteres Gutachten eingeholt werden muß.

