Testierunfähigkeit: Ist ein Sachverständiger notwendig?

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Das OLG München hat sich mit der Frage befasst, wie die Testier(un)fähigkeit eines Erblassers festzustellen ist. Maßgeblich war ein Fall, in dem das Nachlassgericht die Testierunfähigkeit der Erblasserin allein auf Grundlage von Zeugenaussagen und ohne erneute Einschaltung des Sachverständigen angenommen hatte. (OLG München, Beschluß vom 18.12.2024-33 Wx 153/24e).

Muß die Testierunfähigkeit immer durch einen Sachverständigen festgestellt werden?

Das Gericht stellte klar, dass die Beurteilung der Testierfähigkeit in der Regel fachpsychiatrische Sachkunde erfordert. Das Nachlassgericht darf sich diese nicht selbst anmaßen. Hält ein Sachverständiger die Befragung von Kontaktpersonen des Erblassers für notwendig, muss er bei den Zeugeneinvernahmen zugezogen werden und die Möglichkeit haben, selbst Fragen zu stellen. Nur so kann er die Informationen in sein Gutachten einfließen lassen und eine abschließende fachliche Bewertung abgeben.

Wird dem Sachverständigen diese Möglichkeit genommen und stützt sich das Gericht allein auf eigene Würdigung von Zeugenaussagen, verletzt dies den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Eine Entscheidung über Testierunfähigkeit ohne fachpsychiatrische Auswertung ist unzulässig, da dem Gericht insoweit die erforderliche Sachkunde fehlt.

Im Ergebnis hob das OLG die Entscheidung des Nachlassgerichts auf. Es unterstrich, dass die Feststellung von Testierunfähigkeit nur auf Grundlage eines ordnungsgemäß eingeholten und umfassend gewürdigten Sachverständigengutachtens erfolgen darf, das auch die Aussagen von Kontaktpersonen berücksichtigt.

Welche praktischen Konsequenzen hat die Entscheidung, wenn die Testierunfähigkeit umstritten ist?

  • Sachverständigenbeweis zwingend: Testierunfähigkeit darf nicht allein aufgrund von Zeugenaussagen angenommen werden. Es braucht stets ein fachpsychiatrisches Gutachten, wenn Zweifel bestehen.
  • Zeugeneinvernahme nur mit Gutachter: Werden Kontaktpersonen befragt, muss der Sachverständige anwesend sein, um selbst Fragen stellen und die Aussagen für seine Bewertung verwerten zu können.
  • Rechtliches Gehör sichern: Beteiligte haben Anspruch darauf, dass ein Sachverständiger die widersprüchlichen Aussagen fachlich bewertet. Eine Entscheidung ohne diesen Schritt verletzt ihr Grundrecht auf rechtliches Gehör.

 

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